Derzeit sind etwa drei Millionen Beamte und Pensionäre privat versichert. Im Krankheitsfall übernehmen die Beihilfe, welche eine staatliche Institution ist, und die private Krankenversicherung in Teilen die Krankheitskosten. In der Regel funktioniert die Teilung der Krankheitskosten so:

  • Fall 1: 50 % Beihilfe / 50 % private Krankenversicherung
  • Fall 2: 70 % Beihilfe / 30 % private Krankenversicherung

Für die Finanzierung der Beihilfe geben Bund und Länder jedes Jahr Milliarden aus. Nun fordert die Bertelsmann-Stiftung, die Beihilfe abzuschaffen und dafür alle Beamten und Pensionäre in die gesetzliche Pflichtversicherung einzuspeisen. Dies würde erhebliche Einsparungen für die öffentlichen Haushalte nach sich ziehen. Allerdings stößt dieser Vorschlag auf Kritik.

Nicht alle Beamten könnten in die GKV wechseln

Insgesamt 67 Prozent der bisher privat versicherten Beamten und Pensionäre müssten in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln. 21 Prozent würden einen Wechsel aus finanziellen Gründen freiwillig vornehmen. Die restlichen 12 Prozent der Staatsdiener müssten ebenso aus finanziellen Gründen weiterhin privat versichert bleiben.

Bund und Länder könnten erheblich sparen

Bund und Länder könnten im ersten Jahr der Einführung einer GKV für Beamte rund 1,6 Milliarden Euro (Bund) und 1,7 Milliarden Euro (Länder) sparen. Bis zum Jahr 2030 könnten die öffentlichen Haushalte mehr als 60 Milliarden Euro einsparen.

Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung teilte diesbezüglich mit: „Wenn für die Beamten auch die gesetzliche Krankenversicherungspflicht gelten würde, würden nicht nur die meisten Länder finanziell profitieren, sondern auch der Bund. Das wäre eine Entlastung für jeden Steuerzahler.“

Gemäß der Studie könnten 13 von 16 Bundesländern aus der Einführung der GKV für Beamte finanziell profitieren. Lediglich Sachsen, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern würden kaum Einsparungen erzielen. Nordrhein-Westfalen könnte 9,9 Milliarden Euro, Bayern rund 7,7 Milliarden Euro, Baden-Württemberg 5,96 Milliarden Euro und Rheinland-Pfalz rund 3,4 Milliarden Euro einsparen.

Einsparungen der Bundesländer bei einem Wechsel der Beamten in die GKV

Bundesland

Einsparungen

Bundesland

Einsparungen

Baden-Württemberg

5,96

Niedersachsen

1,39

Bayern

7,69

Nordrhein-Westfalen

9,9

Berlin

1,30

Rheinland-Pfalz

3,4

Brandenburg

0,01

Saarland

0,65

Bremen

- 0,23

Sachsen

- 0,26

Hamburg

0,20

Sachsen-Anhalt

0,06

Hessen

2,40

Schleswig-Holstein

0,64

Mecklenburg-Vorpommern

- 0,15

Thüringen

0,07

Quelle: Bertelsmann Stiftung

Krankenkassenbeitrag könnte gesenkt werden

Durch den Eintritt der Beamten und Versorgungsempfänger von der PKV in die GKV könnten auch die gesetzlich Versicherten profitieren, denn die Beträge könnten um 0,34 Prozent gesenkt werden. Die gesetzlichen Kranenkassen hätten dann Mehreinnahmen von 15 Milliarden Euro. Dem gegenüber stünden Kosten von rund 12 Milliarden Euro, die die Beamten den Krankenkassen kosten würden. Unterm Strich würde trotzdem ein Gewinn von etwa 3,4 Milliarden Euro erwirtschaftet werden, der dann in eine Beitragssenkung umgelegt werden könnte.

Kosten für Bund und Länder steigen an

Bisher sind 85 Prozent der Beamten privat versichert. Dies entspricht etwa 3 Millionen Staatsdiener. Ausgaben für die Beamten beliefen sich im Jahr 2014 auf etwa 4,5 Milliarden Euro für den Bund und 7,4 Milliarden Euro für die Länder.

Gemäß der Prognose der Bertelsmann-Stiftung könnten die Ausgaben im Jahr 2030 für den Bund auf 6,6 Milliarden Euro pro Jahr steigen. Die Ausgaben der Länder lägen bei 13,6 Milliarden Euro, hervorgerufen durch den demografischen Wandel. Um diese enormen Kosten zu vermeiden, fordert die Stiftung nun die Abschaffung der Beihilfe und den damit verbundenen Wechsel der Beamten in die GKV.

Kritik kommt von allen Seiten

Dass nicht jeder den Vorschlag mit Enthusiasmus annimmt, war von vornherein klar. Vor allem Versicherungs- und Ärzteverbände reagierten empört auf den Vorschlag. Der Direktor des Verbands der privaten Krankenversicherung, Volker Leienbach, teilte mit, dass die Berechnungen nicht ernst zu nehmen sind, da sie eine "unvollständige Datenauswahl" enthalten. Auch Klaus Reinhardt vom Ärzteverband Hartmannbund erklärte, dass die Studie "in hohem Maße unseriös" sei. Frank Ulrich Montgomery, der Präsident der Bundesärztekammer, teilte mit, dass die Studie so zusammengebaut wurde, das "jeglichem rechtlichen, politischen und gesellschaftlichen Realitätssinn entbehrt".

Auch in der Politik hagelt es Kritik. Etwa von Maria Michalk von der Unionsfraktion, die erklärte, dass die beamten- und verfassungsrechtlichen Aspekte überhaupt nicht thematisiert worden sind. Zudem habe sich das Bestehen beider Krankenversicherungen – privat und gesetzlich – bewährt.

Von der SPD kam eher eine schlichte und neutrale Antwort. Hier erklärte SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach, dass derartige Kalkulationen bereits vorliegen würden. Die SPD steht für eine Einführung einer Bürgerversicherung.  Diese sei "weiterhin sinnvoll". Auch die Grünen mit Maria Klein-Schmeink begrüßten eine Bürgerversicherung.

Bernd Riexinger von den Linken steht eher für eine gesetzliche öffentliche Gesundheitsversicherung, in der auch Selbstständige und Staatsdiener Beiträge leisten müssten.

Vom dbb Bundesvorsitzenden Klaus Dauderstädt kam ebenso Kritik. Er hält nichts von einer  „Zwangseingemeindung der Beamten in die Gesetzliche Krankenversicherung“. Dies „wäre eine deutlich teurere Lösung“, teilte er mit. Die Einsparungen wären „Unfug“. „In diesem Fall wäre aufgrund der verfassungsrechtlich zwingenden Alimentationsverpflichtung, die der Dienstherr gegenüber seinen Beamten hat, eine Kompensation nötig. Die Zwangseingemeindung der Beamten in die Gesetzliche Krankenversicherung wäre die deutlich teurere Lösung. Sie kostet Milliarden für den Steuerzahler und den Staat“, erklärte Dauderstädt. Zudem besteht überhaupt keine Notwendigkeit für die Einspeisung der Beamten in die GKV. Der Dienstherr „muss nur dann Beihilfe zahlen, wenn tatsächlich ein Leistungsfall eintritt. Ein Arbeitgeberzuschuss zur Krankenversicherung müsste dagegen Monat für Monat gezahlt werden, egal, ob in dieser Zeit überhaupt medizinische Leistungen angefallen sind oder nicht“, so Dauderstädt.

Grafik: Arbeitgeberzuschuss zur Krankenversicherung